Eine große Tradition hatte die Fabrikation von Mauerziegeln in Ostheim. Der tonhaltige Lehmboden der südlichen Wetterau ermöglichte es, im Umkreis der Dörfer Lehm abzutragen und ihn im Feldbrandverfahren zu Ziegelsteinen zu verarbeiten, die im Volksmund auch „Backstaa“ oder „Russestaa“ genannt wurden.

Gebrannte Ziegelsteine haben im Allgemeinen eine fast unbeschränkte Lebensdauer, und durch ihre Haltbarkeit sind sie am Bau auch gut belastbar. Die handgeformten Ziegelsteine hatten eine sehr gute Wärmedämmung, weil bei der Verformung mehr Luft im Rohmaterial verblieb, als dies später bei der maschinellen Verformung der Fall war. Dafür waren die maschinell hergestellten Steine genauer im Maß als die Feldbrandziegel, wo schon mal ein Stein aus der Form geriet und als „Pannkouche“ tituliert wurde.

Die Herstellung von Feldbrandziegeln

lehmabbau
Lehmabbau

Die gesamten im Rahmen der Herstellung notwendigen Arbeiten wurden auf Akkordbasis durchgeführt. Zuerst wurde das Rohmaterial abgestochen und in etwas tieferen Gruben gelagert. Hier wurde das Material gewässert, und nach einigen Tagen zogen die Männer kurze Hosen an oder krempelten die Hosenbeine hoch und stampften dann in dem gewässerten Rohmaterial, damit sich dieses besser aufschloss. Wurde das Material dann für gut befunden, kam es zur Verarbeitung. Es wurde auf Schubkarren geladen und dann auf eine schräge, aus Holz gefertigte, schiefe Ebene hochgeschoben und auf den sogenannten Tisch gekippt. Hier wurden große Klumpen geformt, die mit einiger Wucht in die Holzformen geworfen wurden. Danach wurde mit einem Drahtwerkzeug das überflüssige Material von der Form gezogen. Die Form war ein stabiler Holzkasten, der zwei geformte Steine aufnehmen konnte. Nach dem Verformen wurden die in der Form befindlichen Rohlinge „abgetragen“, das heißt sie wurden auf einer ebenen Fläche nebeneinander abgelegt. Nach dem Antrocknen wurden die Rohlinge, die nun formfest waren – lederhart sagt man in der Fachsprache – in Reihen von ca. 1,50 m Höhe aufgesetzt, bis der Trocknungsprozess abgeschlossen war. Danach wurden die Steine zu einem großen Ofen zusammengesetzt und gebrannt. Der Ofen mußte gut zusammengefügt werden, damit das Feuer, das an entsprechender Stelle angezündet wurde, durch den ganzen Ofen lief und alle Steine gebrannt wurden. Hier verblieben sie bis zur Auskühlung, um von hier aus verkauft zu werden. Mittels Pferdefuhrwerken kamen sie zu den Baustellen im Umland.

Die Feldbrandziegelei von L. Wasem zwischen Windecken und Ostheim

Urkundlich wird berichtet, dass wohl die erste Feldbrandziegelei zwischen Ostheim und Windecken stand. Der Betreiber L. Wasem stellte Ziegelsteine für den Haus- und Scheunenbau her. Die Abbauwand zwischen Städter Grund und Leimenkaute hatte nach den Überlieferungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts bereits eine Höhe von 12 Metern.

Die erste Ziegelei von Heinrich Brodt in Ostheim

Die erste Ziegelei in Ostheim war der Betrieb von Heinrich Brodt, genannt der „Zielhetter“. Sein Haus stand dort, wo später das Wohnhaus von Dahlheimer stand, Ecke Rommelhäuser Straße/Eicher Tor. Hinter seinem Anwesen entlang der Straße nach Rommelhausen wurde das Material abgebaut und im Feldbrandverfahren zu Ziegelsteinen verarbeitet. Der Besitzer hatte zwei Söhne. Der eine war der Zielhettersch Heinrich, und der andere wurde Bürgermastersch Karper genannt. Beide hatten kein Interesse an der Ziegelfabrikation und wurden Landwirte. So wurde der Betrieb eingestellt.

Die Ziegelei der Gebrüder Altvater

Im Jahre 1880 begannen die Gebrüder Altvater an der Straße nach Roßdorf – an der Hanauer Straße – mit der Fabrikation von Ziegelsteinen. Sie errichteten eine große Werkshalle für maschinelle Verformung und einen festen Ringofen zum Brennen der Steine. Die Trocknung der Rohlinge erfolgte in großen Trockenhallen, so dass man weitgehend wetterunabhängig produzieren konnte. Die Ziegelei hatte zwei große Schornsteine, wovon der eine für den Ringofen benötigt wurde und der kleinere für die Dampfmaschine, die Energie für die Aufbereitung und Verformung der Steine lieferte. Etwa 1933/34 stellte die Familie Altvater den Betrieb ein.

Die Ziegelei Wilhelm Brodt

Im Jahr 1894 begann der Ostheimer Landwirt Wilhelm Brodt VI – „es Grellemännche“ – eine Feldbrandziegelei östlich der Straße nach Hanau. Nach 1900 arbeiteten dort schon 15–20 Feldbrandziegler. Die abgetragene Lehmwand war nach 1925 schon über 9 Meter hoch. Der Ofen zum Abbrennen der Steine stand zumeist am Wiegenweg – heutige Wiegenstraße –, etwa in Höhe der Kurve zur „Seife“, heute Lerchenweg. Der Betrieb stellte im Jahre 1939 seine Fertigung ein. Das Fahrzeug, mit dem die Steine zu den Bauten gefahren wurden, wird vielen noch bekannt sein, insbesondere durch das Pferd, das den Wagen zog. „Remo“ war sein Name, und er war ein imposanter Kaltblüter.

Die Ziegelei von Heinrich Kester

Überliefert ist, dass das Wohnhaus der Familie Brodt an der Rommelhäuserstraße komplett abgebaut und in Langenbergheim wieder errichtet wurde. Anschließend an das Grundstück vom sogenannten „Zielhetter“ gründete dann Heinrich Kester um1895 eine Feldbrandziegelei an der Straße nach Eichen. Hinter dem heutigen Hof von Heinz Kester wurde das Material abgebaut. Es gab auch schon eine Unterkunft für die Arbeiter, die sich auf dem späteren Anwesen der Familie Zinkan befand und teilweise beim Umbau zu Wohnzwecken erhalten blieb. Leider zeigte sich hier das Material immer ungeeigneter für die Ziegelfabrikation. So wurde beim Bau des Hofes von Kaspar Brodt (heute Waas) in der Schinnergasse das gesamte Erdreich in die Ziegelei Kester geliefert. Später mußte der Betrieb verlegt werden und begann neu an der Marköbler Straße (heutiges Sportplatzgelände). Im Jahre 1927 wurde der Betrieb schließlich eingestellt.

Die Ziegelei von Jakob Schütz

Den größten Ziegelbetrieb errichtete der Landwirt Jakob Schütz im Jahre 1895 an der Straße nach Marköbel (heutiges Gelände des Tennisclubs und der Bogenschießanlage). Mittels einer Dampfmaschine erzeugte man die Energie für die maschinelle Verformung. Mit Betrieb begann mit sieben Mitarbeitern und wurde ständig erweitert. Wegen schlechter Verkehrsanbindung und weil geeignetes Land zum Anbau fehlte kaufte Jakob Schütz ein großes Grundstück unmittelbar an der Bahnlinie Hanau-Friedberg, wo er neue Betriebsgebäude errichten ließ. Zur Aufbereitung und zur Verformung wurde ein Ringofen gebaut, dazu kamen eine Trockenhalle (1924) und eine neue Scheune für die weiterhin betriebene umfangreiche Landwirtschaft. Günstig wirkte sich aus, dass der Betrieb einen Gleisanschluss bekam, was den Transport der Steine wesentlich erleichterte. Das Material wurde bis 1928 von Hand gewonnen, ehe ein Bagger angeschafft wurde, der sowohl oben von der Wand als auch von unten abheben konnte, da er auf Schienen lief. Da sich die Trocknung in der Trockenhalle bewährt hatte, wurde 1927 eine zweite Halle gebaut, wodurch ein noch größerer Ausstoß möglich wurde. Der Betrieb war somit von der Lufttrocknung völlig unabhängig und in der Lage, die Kapazität des Ringofens voll zu nutzen. Das Sägewerk wurde eingestellt. Im Jahr 1933 musste jedoch die Ziegelfabrikation wegen vorübergehender Schwierigkeiten eingestellt werden. Zu dieser Zeit wurden noch weitere Ziegeleien geschlossen – in Bruchköbel die Firma Albau und die Firma Urban, in Niederissigheim eine Ziegelei sowie, wie bereits erwähnt, in Ostheim die Ziegeleien Altvater und Schütz.

Die Ziegeleien von Friedrich Wilhelm Schütz

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Ansicht der Ziegelei Werk 1 am Ostheimer Bahnhof mit Wohngebäuden und Büro

Durch einen Onkel der Betreiber der Ziegelei Schütz – Friedrich Wilhelm Schütz – wurden die Ziegeleien in Ostheim (Altvater und Schütz) aufgekauft und zusätzlich die Ziegelei in Niederissigheim. Danach nahmen dann alle drei Betriebe die Produktion wieder auf und produzierten ausschließlich Mauerziegel. 1939 wurden die meisten Mitarbeiter zum Kriegsdienst eingezogen, und in allen drei Werken kam die Produktion zum Erliegen. Im Jahre 1942 verkaufte Friedrich Wilhelm Schütz seine drei Ziegeleien an die Firma Burger Söhne, Schweizer Stumpenfabriken in Emmedingen (Baden).

Die Ziegeleien nach 1946

Im Jahr 1946 wurde die Fabrikation von Mauerziegeln wieder aufgenommen, und zwar im Werk Bahnhofstraße (ehemals Schütz). Im Werk an der Hanauer Straße (ehemals Altvater) wurde der Brennofen abgerissen und durch einen neuen ersetzt, mit Hilfe von Geldern aus dem Marschallplan. Auch eine neue Trocknerei wurde gebaut. Hier wurden dann später Dachziegel fabriziert, und zwar drei verschiedene Formate von Biberschwanzziegeln, Doppelfalzziegeln und Rheinlandpfannenziegeln. Die beim Einsetzen des Brenngutes für die Feuerschächte im Ofen benötigten Mauerziegel wurden im Werk am Bahnhof produziert und als Rohlinge getrocknet und mit einer Feldbahn in das andere Werk gebracht. Zunächst wurde hier das Material für die Dachziegelfabrikation noch von Hand gewonnen. Später wurde ein Bagger angeschafft, der ca. 18 m Arbeitshöhe hatte. In Spitzenzeiten Anfang der 1950er Jahre arbeiteten in beiden Betrieben bis zu 120 Mitarbeiter. Der ehemalige Betrieb Schütz an der Bahnhofstraße produzierte Mauerziegel, Deckensteine und später Gitterziegel verschiedener Maße. Der Ringofen zeigte zunehmend Mängel, weshalb man sich zum Neubau eines Ofens entschloss. Errichtet wurde ein Tunnelofen mit modernster Technik. Das Brenngut wurde auf mit Schamotte-Steinen gesicherten Wagen aufgesetzt und in den Ofen geschoben. Nachdem die Steine gebrannt und wieder abgekühlt waren, wurde der Wagen am anderen Ende des Tunnels wieder herausgenommen.

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Werk 2 der Ziegelei Ostheim, heute Raiffeisen Warenlager und Landmaschinenreparaturwerkstatt

In diesen modernen Ofen wurden dann auch Klinkersteine für Kanalbau und Hochbau gebrannt. Das Material dafür (Tonerde) wurde in Ravolzhausen gewonnen und mit Lastwagen nach Ostheim gebracht. Zwischen 70 und 80 verschiedene Steine in Größe, Form und Farbe wurden zeitweilig gefertigt. Leider wurde durch einen Brand der Betrieb im Jahre 1970 schwer beschädigt und nicht wieder aufgebaut. So gibt es den Beruf des Ziegeleifacharbeiters, der in Ostheim eine große Tradition hatte, nicht mehr. Auf dem Ziegeleigelände rechts vom Bahnhof wurde eine Wohnsiedlung gebaut werden. Das Ziegeleigelände links vom Bahnhof wird vom Raiffeisenverband als Zentralverkaufsstätte, ein zweiter Teil von Albert Becht als Betriebsstätte seines Heizungs- und Sanitärunternehmens genutzt.

Heinrich Köppel †